Frische bis feuchte Magerwiese Rüti Homberg


Seit 35 Jahren pflegt der NVSC den extrem seltenen Wiesentyp frische Magerwiese.
Bei der Wiese steht diese Hinweistafel.  
 
 
Wie aus Wäldern Wiesen und daraus Intensivgrünland wurde


Geschichte der Wiesen auf dem Bözberg

Die Wiesen sind eine uralte Form der landwirtschaftlichen Nutzung. Vor über 6000 Jahren, als bei uns die ersten Bauern sesshaft wurden, begann man den Wald zu roden. Die frei gewordenen Flächen wurden für den Ackerbau und die Weidenutzung verwendet, auch der Wald wurde regelmässig beweidet. Dadurch konnten sich die licht- und wärmeliebenden Tier- und Pflanzenarten immer mehr ausbreiten.

Ab dem Mittelalter nahmen die Rodungen grossflächig zu. Auch auf dem Bözberg musste der Wald auf ebener Fläche weichen. Die uns vertraute Kulturlandschaft entstand langsam. Mähwiesen sind aber eine verhältnismässig junge Erscheinung, sie gingen meist aus Weiden, auch beweideten lockeren Wäldern, hervor. Stallmist fiel nur in geringen Mengen an und wurde für Äcker und Gärten gebraucht. An günstigen Orten wurden Wässermatten angelegt. Das Wasser diente nicht etwa dazu, die Pflanzen besser mit Feuchtigkeit zu versorgen, sondern die Schwemmstoffe im Wasser waren ein willkommener Dünger. Zum Beispiel in Gallenkirch ist die Erinnerung an eine solche Nutzung noch vorhanden, Überreste der Wässergräben sind auch noch auszumachen.

Die ganzjährige Stallhaltung kam erst im 19. Jahrhundert auf. Dadurch wurde ein grosser Teil der Weideflächen in Wiesen umgewandelt. Wegen der geringen Düngezufuhr war höchstens eine zweimalige Mähnutzung für Heu und Emd möglich (zweischürige Wiesen). Je nach Standort wurden die Wiesen auch nur einschürig genutzt. Noch bis Mitte unseres Jahrhunderts, teilweise bis in die 60iger Jahre, waren solche Wiesen auf dem Bözberg der Normalfall. Kaum 40 Jahre später sind jedoch nur noch kleine Relikte zu finden, die nur dank Naturschutzbeiträgen traditionell genutzt werden. Etwa 90 % der Magerwiesen sind verschwunden; selbst die früher als ertragreich gelobten Fettwiesen (Fromentalwiesen) sind nur noch kleinflächig anzutreffen. Auch für diesen Wiesentyp werden Naturschutzbeiträge ausbezahlt.

Die "Sumpfwiese Homberg" ist eine der sehr seltenen frischen bis feuchten mageren Wiesen, solche Standorte wurden sonst ausnahmslos innerhalb der letzten 40 bis 50 Jahre gedüngt.

Gerade diese mageren Wiesen sind die artenreichsten Biotope, die auf dem Bözberg zu finden sind. Sie bieten für über 60 Pflanzenarten und einem vielfachen an Tierarten einen Lebensraum. Durch die intensivere Nutzung muss dieser grosse Artenreichtum zwangsläufig weichen. Zum einen sind die Arten an einen mageren Standort angepasst; die Vegetationsschicht ist hier viel weniger üppig, der Lebensraum ist also relativ hell und warm. Die Wiese trocknet zum Beispiel nach Regen schnell wieder ab. Intensivgrünland stellt einen viel dunkleren und feuchteren Standort dar; nach einem Regen dauert es länger bist der Bestand wieder trocken ist. Innerhalb von 40 Jahren konnten sich nur relativ flexible Arten, die an verschiedenste Standorte angepasst sind, in die Intensivwiesen ausbreiten.

Fast noch wichtiger für den enorm grossen Unterschied an Arten ist der direkte Einfluss des Menschen auf den Standort. Mit 2 Schnitten, die früher zudem mit der Sense erfolgten, stört man die Bewohner einer Wiese nicht stark. Die Pflanzen haben immer noch genügend Zeit, vor oder zwischen den Schnitten zu blühen und Samen zu entwickeln. Tiere können vor dem Schnitt oder aus dem gemähten Gras resp. dem trocknenden Heu fliehen und finden in unmittelbarer Umgebung neue Unterschlupfmöglichkeiten.

Durch die intensive maschinelle Nutzung mutiert der Lebensraum Wiese jedoch zum Extremstandort; die Pflanzen werden wirksam an der Blüten- und Samenproduktion verhindert. Neben den wenigen angesäten Arten kommen praktisch keine anderen Pflanzen vor. Den Tieren ergeht es in den Intensivwiesen eher noch schlimmer. Alle Bewohner, die sich nicht in den Boden verziehen können, gelangen in das Schnittgut und werden zu Tierfutter verarbeitet. Wegen der häufigen und grossflächigen Nutzung braucht ein Insekt, zum Beispiel eine Heuschrecke, ein unwahrscheinliches Glück, um bei allen Schnitten während seiner Entwicklungszeit (ca. 4 bis 6 Schnitte) immer einen erfolgreichen Fluchtweg zu finden. Es ist klar, dass nur ganz wenige Arten unter solch extremen Bedingungen überleben können.

Bei der heute gebräuchlichen Wiesennutzung wird nicht nur die gesamte Vegetation sondern auch alle Bewohner der Wiese fein säuberlich verpackt.

Max Gasser, August 1998